Beschneidung, auch Zirkumzision genannt, bezeichnet die chirurgische Entfernung der Vorhaut des Penis. Es ist einer der ältesten und weltweit am häufigsten durchgeführten chirurgischen Eingriffe, der aus verschiedenen Gründen vorgenommen wird.
Gründe für eine Beschneidung
Die Gründe für eine Beschneidung lassen sich hauptsächlich in religiöse und medizinische Kategorien einteilen. Weltweit sind schätzungsweise 33 % bis 39 % der männlichen Bevölkerung beschnitten, wobei der Großteil dieser Eingriffe aus religiösen oder kulturellen Gründen erfolgt.
Im Judentum hat die Beschneidung, bekannt als “Brit Milah”, religiöse Bedeutung. Sie wird traditionell am achten Tag nach der Geburt eines jüdischen Jungen vollzogen, wie es im Buch Genesis (17:10-14) festgelegt ist, und gilt als Zeichen des Bundes mit Gott. Im Islam, wo sie “Khitan” oder “Chatna” genannt wird, ist sie eine wichtige Tradition des Propheten Mohammed (“Sunna”), obwohl sie im Koran nicht explizit erwähnt wird. Der Zeitpunkt ist flexibel, vom Säuglingsalter bis zur Pubertät, und wird oft mit Familienfesten gefeiert.
Medizinisch wird die Zirkumzision zur Behandlung oder Vorbeugung bestimmter Beschwerden durchgeführt. Eine häufige Indikation ist die Phimose, eine Vorhautverengung, die Probleme beim Wasserlassen, Schmerzen bei Erektionen oder wiederkehrende Harnwegsinfekte verursachen kann. Auch bei chronisch wiederkehrenden Entzündungen der Eichel (Balanitis) kann sie notwendig sein, da eine verengte Vorhaut die Ansiedlung von Erregern begünstigt. Präventive Aspekte wie die Verringerung des Risikos für bestimmte sexuell übertragbare Krankheiten oder Peniskrebs werden diskutiert, sind jedoch in der medizinischen Gemeinschaft kontrovers und nicht als definitive Fakten etabliert.
Der medizinische Eingriff und die Nachsorge
Der chirurgische Eingriff kann je nach Alter und Präferenz des Patienten unter lokaler Betäubung oder Vollnarkose durchgeführt werden. Die Operation wird in der Regel ambulant vorgenommen, sodass keine Übernachtung in einer Klinik notwendig ist.
Es gibt verschiedene chirurgische Methoden für die Beschneidung, darunter Techniken mit speziellen Klemmen oder die freihändige Entfernung. Die Wundränder werden anschließend vernäht, oft mit selbstauflösenden Fäden. Die Operationsdauer beträgt typischerweise etwa 30 Minuten.
Nach dem Eingriff ist eine sorgfältige Nachsorge wichtig. Leichte Schmerzen sind in den ersten Tagen üblich und können mit Schmerzmitteln behandelt werden. Der Wundbereich sollte hygienisch sauber gehalten werden; Duschen ist meist nach zwei Tagen möglich, Baden sollte drei bis vier Tage vermieden werden. Mögliche Komplikationen sind:
- Nachblutungen
- Wundinfektionen
- Schwellungen oder Blutergüsse
- Nahtrisse (selten)
- Vorübergehende Gefühlsstörungen an der Eichel (selten)
Der Heilungsprozess dauert in der Regel zwei bis drei Wochen, wobei körperliche Aktivitäten wie Sport und Geschlechtsverkehr pausiert werden sollten. Bei zunehmenden Schmerzen, Eiteraustritt, starken Schwellungen oder Fieber sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden.
Rechtliche und ethische Debatte in Deutschland
In Deutschland löste ein Urteil des Landgerichts Köln im Mai 2012 eine rechtliche und ethische Debatte aus. Das Gericht stufte die nicht medizinisch indizierte Beschneidung eines Jungen als rechtswidrige Körperverletzung ein, was eine erhebliche Verunsicherung zur Folge hatte. Die Entscheidung begründete die Rechtswidrigkeit damit, dass eine Einwilligung der Eltern in einen solchen Eingriff nicht dem Kindeswohl diene.
Als Reaktion auf das Urteil verabschiedete der Deutsche Bundestag im Dezember 2012 ein Gesetz, das die Beschneidung von Jungen unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Dieses Gesetz wurde als § 1631d in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eingefügt und trat am 28. Dezember 2012 in Kraft. Die Regelung stellt klar, dass Eltern in eine nicht medizinisch notwendige Beschneidung ihres nicht einsichts- und urteilsfähigen Sohnes einwilligen können. Die Durchführung muss:
- Nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgen.
- Eine effektive Schmerzbehandlung einschließen.
- Eine umfassende Aufklärung der Eltern über die Risiken voraussetzen.
In den ersten sechs Monaten nach der Geburt dürfen solche Eingriffe auch von speziell ausgebildeten Personen einer Religionsgesellschaft durchgeführt werden, sofern diese vergleichbar befähigt sind.
Die ethische Debatte in Deutschland konzentriert sich auf den Ausgleich zweier grundlegender Rechte. Einerseits steht das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung, da die Beschneidung einen irreversiblen Eingriff in den Körper eines noch nicht einwilligungsfähigen Kindes darstellt. Andererseits stehen das Grundrecht der Eltern auf Religionsfreiheit und das Recht, ihre Kinder gemäß ihren religiösen oder kulturellen Überzeugungen zu erziehen. Die gesetzliche Regelung versucht, diese widerstreitenden Interessen zu berücksichtigen und einen Kompromiss zu finden, der sowohl die Schutzbedürftigkeit des Kindes als auch die verfassungsrechtlich geschützten Rechte der Eltern wahrt.